Wir waren dann mal weg…

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Tag 11 - 17.06.2014: Palas del Rai - Ribadiso

17. Juni 2014
11. Tag – 10. Etappe
Palas de Rei > Ribadiso – 26,5km


Wir sind wie geplant um 07:00 Uhr hoch. Es ist jetzt halb acht und ich sitze in der Kneipe gegenüber unserer Herberge, dort wo wir gestern Fußball geguckt haben, entspannt beim Morgen-Kaffee. Die anderen drei werden wohl gleich kommen. Gerade sind zwei Asiaten mit den typischen Strohhüten auf dem Kopf, an mir vorbeigezogen. Gegenüber der Straße an der ich sitze ist ein Bushaltestelle, wo sich die ersten Buspilger und Etappenhüpfer sammeln. Und wer steht dort? Ein Pärchen das wir in Triacastela kennengelernt haben. Dort haben sie uns noch erklärt, dass das hier alles total easy ist und sie das locker durchziehen, da sie ja so viel Erfahrung haben, weil sie ja seit Jahren mit dem Rucksack durch die Welt reisen. Und nun, nun nehmen Sie den nächsten Bus, um scheinbar eine komplette Etappe zu überspringen. Ich habe ja eigentlich keine Vorurteile gegenüber anderen, aber das ist doch wohl nicht wahr. Erst großspurig rum schnacken und dann den nächsten Bus nehmen. Buen Camino! Jeder „geht“ den Weg auf seine Weise. Ich für mich würde mir dann aber dreimal überlegen was ich im Pilgerbüro in Santiago sage, wenn man mich fragt ob ich die letzten 100 Kilometer gelaufen bin. Denn so betrügt man eigentlich nur sich selbst.

Die Drei sind jetzt da und wir ziehen mit Ziel Ribadiso los.


Es ist ist jetzt 15:00 Uhr und ich sitze wiedermal mitten im Paradies, in Ribadiso am Riva Iso. Der Tag war so heiß wie angekündigt. Unterwegs habe ich mich heute zweimal eingecremt, da ich mir ansonsten das Fell verbrannt hätte. Ich habe heute gut drei Liter Wasser getrunken, jetzt einen knappen Liter meines Energy-Drinks und gleich gibt es ein kühles Pils als Nachtisch. Geduscht sind wir schon und die Wäsche hängt zum trocknen auf der Leine. Sie dürfte bei den heutigen Temperaturen gleich trocken sein. Die Herberge ist herrlich. Mehrere, komplett sanierte, Natursteinhütten direkt an einem ruhigen Bach. In zwei der Hütten befinden sich die Schlafsäle. Dazu ein Haus mit einer nagelneuen Küche und ein weiteres neues Gebäude mit den Sanitäranlagen. Super! Alleedings hat der Ort an sich keinen Supermarkt. Es gibt nur eine Hand voll Wohnhäuser, eine private Herberge und ein Restaurant. Somit müssen wir heute wieder essen gehen, obwohl der Bach eigentlich herrlich zum Picknick einlädt. Gerade zieht eine Gruppe Reiter mit Ihren Pferden durch den Bach. Die Tiere freuen sich bestimmt auch über die Abkühlung.
Der Tag verlief heute richtig gut und hat Spaß gemacht. Es ging auch endlich mal wieder ein bisschen über Stock und Stein und nicht mehr so viel an Landstraßen entlang. Wir durch große Eukalyptus-Wälder gekommen. Das war fantastisch. Wenn man die Augen schloss und tief einatmete, fühlte man sich wie in einem Erkältungsbad. Ich habe erfahren, dass die Spanier den Eukalyptus irgendwann mal aus Australien eigeführt haben. Mittlerweile hat er sich aber schon so weit ausgebreitet, dass er viele  heimische Pflanzen verdrängt und man jetzt beginnen muss, diesen abzuholzen um ihn unter Kontrolle zu bekommen.

Unterwegs haben wir viele Leute wiedergetroffen. Unter anderem auch wieder unsere Österreicher. Ich habe dann mit ihm ein Foto gemacht. Daraufhin schickte er mich sofort zu Ihr. Ich solle auch ein Bild mit ihr machen und ihr sagen, das sei für Facebook, denn dann freut sie sich. Gesagt, getan. Und sie hat gestrahlt! Heike-Ute (Ich habe wirklich vergessen ob sie nun Heike oder Ute hieß) aus  Villafrance haben wir auch getroffen. Sie hat endlich Ihre holländische Freundin gefunden und nun ziehen sie zusammen weiter. Und das englische Ehepaar, das mir den Schlaf in Sarria geraubt hat, haben wir auch wiederentdeckt. Er hat mit uns um ein Bier gewettet, dass wir uns in Santiago wiedertreffen werden.
Wie schon erwähnt, es ist heute heiß. Ich glaube wir haben um die 40 Grad. Ich ziehe jetzt mal von meinem schattigen Plätzchen runter an den Bach und hänge meine Füße ins Wasser. Vielleicht hilft´s.
Füße im Fluß hat nichts gebracht. Dort war es zwar von unten kühl, aber dafür brennt die Sonne von oben gnadenlos. Ich bin umgezogen in den großen Aufenthaltsraum. Hier drin, in diesem großen Natursteinsaal ist es wesentlich angenehmer. Beim schreiben fällt mir gerade auf, dass ich mittlerweile so relaxt bin, dass ich mich dabei erwische, dass ich heute nicht mehr weiß, wie die gestrige Etappe war und wie der Ort hieß, in dem wir übernachtet haben. So langsam wie man eigentlich ist, so schnell vergeht doch die Zeit. Wir sind jetzt seit elf Tagen unterwegs und es kommt mir auf der einen Seite wie eine halbe Ewigkeit vor und auf der anderen Seite, als wären wir gerade erst angekommen.
Und wo ich gerade nicht weiß wohin mit mir, ist es Zeit ein paar Stichwörter aufzuarbeiten:
- Schmetterlinge
- Fingerhut
- Siesta
- Lavendel
Schmetterlinge. Sie sind überall. So viele und in allen Farben. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass du, wenn du dich auf dem Weg verlaufen solltest, einfach nur den Schmetterlingen folgen sollst, denn wo sie sind ist der auch der Weg. Das Ganze hat auch eine einfache Erklärung. Der Weg gehört zum Unesco-Kulturerbe. Deshalb darf unter anderem im Nahbereich des Weges kein chemischer Dünger eingesetzt werden. Und die natürliche Belassenheit lockt die Schmetterlinge an.
Fingerhut. Ich habe es ja schon beschrieben, aber heute gab es nochmal richtig viel davon. So etwas habe ich wirklich noch nicht gesehen.
Siesta. Bei dem heutigen Wetter kann ich die Spanier absolut verstehen!
Wir gehen jetzt essen. Das Pilgermenü kostet heute 9,50 €, inklusive der Getränke. Da kann man nicht meckern. Bisher war das Essen eigentlich immer gut, reichlich und nahrhaft. Man darf aber auch keine übertriebenen Ansprüche haben. Die Auswahl ist aber immer gut. Und wer mehr will oder andere Vorstellungen hat, hat auch die Möglichkeit überall noch etwas anderes zu bekommen. Wir hätten da auch nicht geizig sein müssen, wollten es aber so.
Zusatz zum Fußballspiel von gestern: Ronaldo ist ein Lutscher!


Wir sind jetzt vom Essen gekommen und sitzen noch beim Feierabendbier am Fluß. Gerade sind noch ein paar Pilger angekommen. Da aber bereits alles voll ist, müssen Sie auf der Wiese im Schlafsack übernachten. Bei den heutigen Temperaturen und der herrlichen Lage, nicht der schlechteste Ort. Sie erzählen, dass sie von einem der nördlichen Caminos herunter gekommen sind. Sie sind überrascht, dass auf dem Frances die Herbergen schon am Nachmittag voll sind. Oben auf dem Norte konnten sie bis zum späten Nachmittag laufen und haben trotzdem immer noch ein Bett bekommen.

Trotz dass die Schwellung am Knie nachgelassen hat, schmerzt es heute  mächtig. Ich reibe es jetzt nochmal ein und dann geht es zur Nachtruhe.
Morgen geht es nach Arca und dann am nächsten Tag vor die Tore von Santiago, zum Monte de Gozo. Somit sollten wir dann am Freitag den 20ten in Santiago einlaufen. Die Spannung steigt.
Fazit: „Das Ziel rückt manchmal schneller näher, als einem lieb ist.“

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