Wir waren dann mal weg…

Hier geht’s zum Tagebuch


.

Tag 14 - 20.06.2014: Santiago de Compostela

20. Juni 2014 - Fronleichnam
14. Tag
Santiago de Compostela


Guten Morgen, liebe Nation!
Es war gestern ein toller Tag. Doch recht spontan hatten wir uns ja entschieden, nach Santiago einzulaufen. Jetzt fehlt uns nur noch der letzte Teil des Abschlusses unserer Pilgerreise, die Teilnahme am Pilgergottesdienst heute Mittag und zusätzlich wollen wir am Abend noch der Messe beiwohnen und hoffen darauf den Botafumeiro zu sehen. Ich freue mich auf den Tag!

Ich sitze in einer Bank, in der herrlich kühlen Kathedrale. Es ist jetzt kurz vor 19:00 Uhr und wir verbringen die Zeit damit, Karten und Tagebuch zu schreiben. Um 19:30 Uhr beginnt die große Messe. Aber wie immer von vorn, denn es war ein sehr guter Tag…

Wir sind erst nicht so recht in die Spur gekommen. Nichts zu laufen, kein Ziel und viel Zeit zu haben, waren wir ja von den letzten Tagen nicht wirklich gewohnt. Also ließen wir es ganz entspannt angehen. Ziel war es, die Beiden Gottesdienste zu besuchen, um das Ritual des Ankommens abzuschließen. Zwischendurch wollten wir ein wenig die obligatorischen Mitbringsel shoppen und uns am Abend mit Fabian und Alexis treffen, die sich heute ihr Camino-Tattoo stechen lassen wollten. Während ich noch Bilder in die cloud schob und den Blog ein wenig pflegte, ging Tilo schon mal los in Richtung Zentrum. Wir wollten uns dann kurz vor dem Gottesdienst, vor der Kathedrale treffen.
Wie verabredet haben wir uns dann kurz vor zwölf Uhr vor der Kathedrale getroffen und sind dann auch gleich hinein. Es bereits sehr voll, so voll, dass alle Sitzplätze belegt waren. Einige Reihen waren für eine Gruppe von mehreren hundert Polizisten reserviert, die heute ihre pilgerreise gemeinsam beendet haben. Wir gaben uns somit mit einem Stehplatz zufrieden. Die Messe war sehr schön und auch wieder bewegend, da nun unsere Pilgerreise endgültig beendet war. Ganz am Ende hörte ich mit einmal das Wort „Botafomeiro“ heraus. Jetzt? Ich hatte erst zur Messe am Abend damit gerechnet oder besser gehofft. Dann begann die Zeremonie. Eine stimmte einen Gesang an und an einer Säule begannen acht Männer in Kutten, das dicke Tau des Botafomeiro zu lösen. Ein Priester füllt Weihrauch in das riesige „Faß“ und dann wurde der Botafoumeiro durch gleichmäßiges ziehen in Schwingungen versetzt, so lange, bis er quer von einem Seitenschiff in das andere schwang. Es war eine unglaublich schöne und bewegende Zeremonie. Ich war sehr glücklich das erlebt zu haben.
Vielleicht an dieser Stelle kurz etwas zum Botafumeiro. Der Botafumeiro ist das Weihrauchfass der Kathedrale von Santiago de Compostela. Es zählt weltweit zu den größten seiner Art. Es ist ca. 1,60m hoch und wiegt rund 50 Kilo. Es hängt an einem ca. 30 Meter langen unter der Kuppel über dem Altar. Wenn es geschwungen wird, erreicht es eine Geschwindigkeit von über 60 km/h. Ursprünglich schliefen die Pilger die erste Nacht nach Ihrer Ankunft in Santiago, in der Kathedrale und dort im Bereich der Emporen der Seitenschiffe. Da nun aber die hygienischen Bedingungen auf dem Weg vor einhundert Jahren bei weitem nicht so gut waren wie heute, so rochen die Pilger manchmal mehr oder weniger streng. Um diesen Geruch, der sich natürlich auch ind er Basilika ausbreitete, zu mildern, kam man auf die Idee, den Botafumeiro durch das Seitenschiff zu schwingen. Weihrauch gegen Körpergeruch.
Nach dem Gottesdienst, trafen wir uns vor der Kathedrale wieder. Nun waren wir endgültig angekommen. Ein Sprichwort sagt: „Jeder bekommt in Santiago den Empfang, den er verdient!“ Dann müssen wir gute Pilger und vielleicht auch gute Menschen sein. Wir kamen bei herrlichem Sonnenschein, an einem Feiertag an, Fronleichnam. Es war der Tag der der Tag der Krönung von Spaniens König Felipe VI.. Eine Band spielte, als wir die Kathedrale erreichten und am Nachmittag spielte in einer Gasse ein Theaterorchester. Wir haben einen Teil unserer Pilgerfreunde direkt an der Kathedrale getroffen und wir haben beim Pilgergottesdienst den Botafumeiro gesehen. Herz, was willst Du mehr. Ich glaube, dass irgendwer sehr zufrieden mit dem war, was wir getan haben, dass uns ein derartiger Empfang vergönnt war! Danke, an wen auch immer!
Wir verbrachten den Nachmittag dann in der Stadt, rund um die Kathedrale, auf der Suche nach Souveniren und zwei Gleichen T-Shirts für uns. Der Nachmittag war Stress pur. Wir, die wir gerade zwölf Tage lang, nur mit uns unterwegs waren, den ganzen Tag in der Natur verbrachten und Abends in stillen Herbergen waren, standen in Mitten einer Stadt, die jedes Jahr von rund einer viertel Millionen Pilger aufgesucht wird und zusätzlich noch von einer Vielzahl Touristen. In den Gassen rund um die Kathedrale reiht sich ein Souvenirgeschäft an das andere und dazwischen ein Restaurant neben dem anderen. Es herrscht geschäftiges Treiben, denn jeder will vom großen Pilgerboom etwas abhaben und mehr oder weniger auch daran verdienen. Warum auch nicht muss man sagen. Und so reihten wir uns in den Strom ein und zogen durch die Gassen. Hin und wieder sah man ein bekanntes Gesicht und grüßte wie immer freundlich. Irgendwann, Gott sei Dank, hatten wir dann  alles was wir brauchten. Da wir uns zwischenzeitlich getrennt hatte, wollten wir uns wieder vor der Kathedrale treffen, und diesmal rechtzeitig, um vielleicht einen Sitzplatz zu bekommen. So hatten wir uns bereits zu um 17:30 Uhr verabredet, obwohl die große Freitagsmesse erst um 19:30 Uhr begann. Wir nutzen die Zeit so, dass einer die Plätze bewachte, während der andere sich in Ruhe noch einmal die Kathedrale anschaute. Ich könnte hier glaube ich tagelang durch laufen und würde immer wieder neue Details entdecken. Während ich nun gerade für die Plätze verantwortlich bin, schreibe ich noch ein wenig und warte gespannt auf den Beginn der Messe. Bis später…


Und nochmals Guten Morgen, denn es ist 1:30 Uhr und wir waren nun den ganzen Tag unterwegs. Hundemüde sind wir gerade in unserer Herberge angekommen. Ich will noch ein wenig über den Abend schreiben und dann geht’s ins Bett.
Die Messe begann pünktlich. Und wieder wurden, wie auch schon am Mittag, zuerst die Pilger aus aller Herren Länder begrüßte, und unter anderem „Dos Peregrinos de Alemania“. Waren wir etwa gemeint? Etwas unwahrscheinlich, aber wir bedanken uns. Die Messe war wieder sehr schön. Und so wie wir es gehofft hatten, wurde zum Schluss der Botafumeiro geschwungen. Da wir nun im Seitenschiff saßen, waren wir sozusagen direkt dran. Es war Atemberaubend! Glücklich und zufrieden, verließen wir die Kathedrale. Wieder hatten wir den eine oder anderen Pilger gesehen. Unter anderem das die Hospitalero-Familie aus Foncebaddon und den Imaginären Schauspieler aus La Faba (ich behaupte immer noch, dass er einer ist). Wo mögen wohl Regina und Daniel gerade sein?

Um 21:30 hatten wir uns mit Alexis und Fabian verabredet. Morgen geht ihr Flieger zurück in die Staaten und für Fabian geht es zurück nach Berlin. Also wollten wir gemeinsam den letzten Abend verbringen und den Abschied mit einem gemeinsamen Abendessen begehen. Und das haben wir auch getan. Wir haben richtig gut gegessen und dann noch ewig vor einer kleinen Kneipe gesessen. Wir haben guten Wein getrunken, immer wieder versucht Alexis Deutsch beizubringen, Fabian zum 200.-mal gesagt es heißt „he“ und nicht „she“, wenn er mit mir erzählt und ihn noch zu einer lustigen Mutprobe bewogen. Wir haben die letzten Tage mit gemeinsamen Laufen, Lachen, Luftgitarre spielen, Kochen und viel Reden verbracht. Es war eine schöne Zeit. Was soll ich sagen: Definitiv Freunde gefunden! Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann wieder! Um 1:00 Uhr haben wir uns dann endgültig voneinander verabschiedet.

Jetzt geht es ab ins Bett, denn es ist Mittlerweile 2:00 Uhr und wir wollen morgen das Bonus-Programm genießen, denn es geht zum Kap Finisterre, an das Ende der Welt.


Fazit des Tages: „Jeder bekommt den Empfang den er verdient. Ich war brav!“




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.